Albert Retey
Posté : 16 sept. 2006, 23:51
En allemand dans le texte :
http://www.borntobmx.de/
ALBERT RETEY
Dich sollten ja eigentlich viele noch kennen, aber stell
Dich mal eben kurz vor...
Kennen dürften mich ja nur die, die vor 1997 oder so schon Flatland gefahren sind. Gibts da noch welche? Naja, wie auch immer, ich heisse Albert Retey, bin jetzt (August 2006) fast 36 Jahre alt und habe von ca. 1984 bis 1997 ungefähr jeden Tag auf meinem BMX-Rad verbracht. Danach nicht mehr so. Jetzt lebe ich mit meiner Frau und 2 Kindern in Innsbruck, das ist eine selbsternannte Weltstadt in Österreich und nicht wirklich eine BMX-Hochburg, glaube ich.
Wie und wann hast Du mit BMX angefangen ?
Das war so 1983 oder ein Jahr später, die Zeit nach dem ET-Film, als alle in meinem Alter ein BMX hatten, nur ich nicht, und den ET-Film habe ich auch nicht gesehen. Ich habe meine Eltern ziemlich lange bearbeiten und etwas Geld sparen müssen, weil sie alles andere als begeistert davon waren, aber irgendwann habe ich dann ein BMX-2000 gekauft, für unglaubliche 250 DM. Als ich dann endlich mein Rad hatte, wollten alle anderen schon wieder lieber Breakdance machen, mit weissen Handschuhen und so, das war damals genauso albern wie BMX mit bunten Nylonanzügen. Da musste ich also irgendwas mit meinem neuen Rad machen und habe eben angefangen Tricks zu üben, die ich aus dem damals in Deutschland aktuellen BMX-Speed-Magazin abgeguckt habe.
Fährst Du heute noch Flatland?
Ich glaube 2-3 mal im Jahr ein bischen Rumrollen zählt nicht wirklich. Ich würde also eher sagen nein.
Wo kommt deine Motivation her, noch ab und an zu Fahren?
Da ich nicht mehr fahre, kann ich die Frage nicht beantworten :-). Die ca. 13 Jahre, die ich jeden Tag gefahren bin hatte ich verschiedene Motivationen. Am Anfang war es mir schon wichtig, gut zu werden, ohne dass ich auch nur daran gedacht hätte, jemals einen Wettbewerb gewinnen zu können oder sowas. Später stand für mich hauptsächlich im Vordergrund, immer wieder etwas neues zu lernen. Das hat mir am meisten Zufriedenheit verschafft und dass ich dann aus verschiedenen Gründen nicht mehr genug gefahren bin, um weiterhin Fortschritte zu machen, ist vielleicht auch der Grund, warum ich heute nur noch so selten fahre.
Beschreib mal deinen eigenden Fahrstil
(heute&früher)...
Meinen Heutigen? Kraftlos und wackelig. Da mir immer alles gefallen hat, was irgendwie was mit Schwung zu tun hat, habe ich auch versucht, so zu fahren. Ausserdem habe ich es immer als Beschränkung empfunden, mich irgenderwas zu sehr zu spezialisieren, also nur eigene Tricks zu machen, oder nur nagelneue Tricks oder was auch immer. Ich hätte sicher auch nicht so viel Freude am BMX-Fahren gehabt, wenn ich zwischendurch nicht immer mal wieder Street, Halfpipe oder sonst was gefahren wäre. Ich habe immer versucht, alles an Tricks zu lernen, was ich gesehen oder mir überlegt habe, einfach weil es mir so viel Freude gemacht hat, neue Tricks das erstemal zu schaffen. Ansonsten hatte für mich Freestyle auch immer ein bischen die Bedeutung wie in der Musik das Improvisieren, d.h. ich fand es interessanter, Kombinationen mehr oder weniger stark zu variieren anstatt eine Variation vollständig zu perfektionieren.
Besonders original war ich nicht, ein paar eigene Tricks hatte ich mir zwar schon überlegt, aber es waren nur wenige dabei, die mir gut genug gefallen haben, um sie sicher zu lernen. Ich weiss nicht wie es heute ist, aber mich hat die Originalitätsdebatte oft ziemlich genervt und ich hätte mir bei vielen Fahrern gewünscht, wenn sie etwas weniger original gewesen wären und dafür mehr Freude am Fahren gehabt hätten. Für mich war es immer hauptsächlich eine Form des Respekts, wenn ich einen Trick von jemand anderem gelernt habe, weniger ein Diebstahl, denn wie kann man überzeugender bekunden, dass einem ein Trick gefällt, als wenn man ihn selbst macht? Insofern war ich auch eher enttäuscht, dass nie jemand meine Tricks kopiert hat, obwohl mir ein paar davon dann doch ganz gut gefallen haben. Natürlich gehört dazu, dass man das Ding nicht als sein eigenes verkauft, ein bischen was eigenes daraus macht und einen Fahrer nicht samt Aufkleber, Tattoo und Frisur kopiert, aber das ist doch sowieso offensichtlich affig.
Wieso hast du nach so vielen Jahren so gut wie aufgehört mit dem Fahren? Hast Du alle deine Ziele erreicht?
Schwierige Frage, das mit den Zielen war es sicher nicht, dazu hätte ich ja welche haben müssen. Ich habe es einfach so empfunden, dass ein Lebensabschnitt, vielleicht der interessanteste und mich am stärksten prägende, vorbei war. Ursachen dafür gab es mehrere, ich hatte das Gefühl zu stagnieren, keine wesentlichen Fortschritte mehr zu machen. Dann hatte ich phasenweise ziemliche Probleme mit meinem Rücken, so dass das Fahren dann auch nicht immer die pure Freude war. Und schliesslich fand ich auch irgendwie belastend, dass der kommerzielle Aspekt am Fahren in den letzen Jahren, in denen ich gefahren bin, immer mehr Zeit und Energie in Anspruch genommen hat. Ich wollte mich deswegen nicht mit irgendjemandem streiten. Dann sind nach und nach andere Dinge in meinem Leben immer wichtiger geworden.
Interessiert dich heute noch Flatland?
Eigentlich schon, aber mit den Jahren verliert man natürlich immer mehr den Kontakt, und die Diskussionen, die im letzten Jahr so aufgeflammt sind, haben mich eigentlich auch nicht so arg motiviert, mich damit allzusehr auseinanderzusetzen. Aber hin und wieder mal die aktuellen Tricks anschauen und zu sehen wie sich alles weiterentwickelt interessiert mich natürlich schon. Ich hoffe, dass ich es auch mal wieder schaffe, zum Zuschauen zu einem Contest zu kommen...
Für dich muß es ja schon schwer sein, heute einen Fahrer zu bewundern...Aber gibt es da vieleicht doch jemanden?
Kevin Jones und Chase Gouin habe ich früher sicher bewundert, heute einen 10 Jahre Jüngeren Fahrer zu bewundern wäre irgendwie seltsam. Mittlerweile halte ich auch nicht mehr viel davon, einen Fahrer zu bewundern. Das hat vor allem damit zu tun, dass ich glaube, dass man niemandem einen Gefallen tut, wenn man ihn bewundert oder gar vergöttert. Auf der anderen Seite ist es ja auch nicht immer so, dass jemand der gut fährt, auch als Person bewundernswert ist. Was das Fahren angeht, bin ich sehr beeindruckt von den Fortschritten, die Flatland gemacht hat, seit ich aufgehört habe. Vor allem weil das Niveau auch in der Breite so hoch ist. Schon allein die ganzen Japaner, deren Namen ich nicht kenne sind der Hammer. Mir gefällt auch die Art wie gefahren wird sehr gut, das war früher nicht immer so. Ich finde, wenn Tricks nur original oder nur schwierig sind, reicht das nicht, es muss schon auch nach was aussehen und darf nicht langweilen. Es fällt mir schwer einen Fahrer zu nennen, den ich besonders hervorheben sollte, aber wenn, dann wäre es nach meinem Stand von vor ca. 2 Jahren schon Martti Kuoppa, bei dem ich den Eindruck habe, dass er am vielseitigsten ist und die Limits am meisten ausgeforscht hat. Bei ihm bin ich mir aber besonders unsicher, ob ich ihn als Person auch bewunderswert finden soll. Um das beurteilen zu können, kenne ich ihn aber einfach nicht gut genug.
Was war es für ein gefühl als du einer der besten Flatlander überhaupt (Chase Gouin) auf der WM 93 besiegt hast?
Kein Besonderes, ich habe mich gefreut, dass ich gut gefahren bin, und natürlich war es auch was besonderes, eine WM zu gewinnen, die vom Niveau her auch den Namen verdient hatte. Ich habe es aber nie so empfunden, dass ich bei Contests irgendjemanden besiege. Ich bin an dem Tag halt gut gefahren, der Jury hat mein Lauf besser gefallen, als das, was Chase an dem Tag hingekriegt hat und ich denke das konnte man auch so sehen. Das wars. Für mich hat das auch nichts daran geändert, dass Chase nach Kevin Jones der Fahrer war, dessen Fahrerei mich am meisten begeistert und der mich deshalb auch am meisten beeinflusst hat. Ich war bei dieser WM eigentlich die ganze Zeit nicht besonders gut drauf weil ich den Boden nicht mochte und es mich genervt hat, dass man die europäischen Teilnehmer von Veranstalterseite zweitklassig behandelt hat, wir mussten z.B. mal 2 Stunden im Regen vor der Halle warten, weil die amerikanischen Profis ein Geheimtraining absolvieren sollten. Deswegen wundere ich mich bis heute, dass mir ausgerechnet dort so ein guter Lauf gelungen ist.
Chase Gouin ist ja immer noch aktiv am fahren, was denkst Du eigentlich über diese Art zu leben wie es Chase tut?
Vorneweg möchte ich loswerden, dass ich Chase ganz anders kennengelernt habe, als es seinem Image entspricht. Als ich mit Thomas Fritscher und Christian Wendland in York war, war er superfreundlich, hat sich absolut gutmütig um uns gekümmert und uns alles gezeigt. Er hat sogar Mark Eatons Garage mit uns geteilt, und im nachhinein glaube ich, dass wir den Leuten, die uns bei unseren ersten beiden USA-Aufenthalten aufgenommen haben, schon ein bischen auf die Nerven gegangen sind und das alles deswegen nicht so selbstverständlich war. Ich habe ihn immer so in Erinnerung behalten und weiss bis heute nicht was ich von den ganzen Geschichten um Chase glauben und halten soll. Was ich mir bei ihm, aber auch bei vielen anderen Flatlandern denke ist, dass man sicher glücklicher wird, wenn man Flatland (oder was auch immer) nicht zu wichtig nimmt. Man muss einfach lernen zu akzeptieren, dass das, was für einen selbst zurecht richtig und wichtig ist, für jemand anderen völlig beknackt und bedeutungslos sein kann ohne an sich und dem was man tut zu zweifeln. Er ist für mich auch ein Beispiel für jemanden, der wahrscheinlich mehr davon gehabt hätte, wenn er weniger Fans gehabt hätte, die ihn bewundern und nachäffen, und mehr Freunde, die weniger von ihm erwarten und ihm dafür auch mal was gesagt hätten, wenn er Scheisse gebaut hatte. Ich hoffe es geht im heute gut.
Was waren Deine größten Erfolge bis jetzt?
Bei den wenigen Contests, bei denen ich in den letzten Jahren gewesen bin, haben darüber gestaunt, wieviele Fahrer zu mir gekommen sind und erzählt haben, dass sie mich irgendwo gesehen haben und dann angefangen haben zu fahren, oder richtig zu trainieren oder ähnliches. Das hat mir natürlich geschmeichelt und ich bin darauf ziemlich stolz. Seither halte ich es als meinen grössten Erfolg, wenn es mir tatsächlich gelungen ist, Leute so von Flatland zu begeistern, dass sie das selbst lernen wollten. Wenn man es so sieht, heisst das auch, dass ich vielleicht mit den vielen Shows die ich gefahren bin mehr erreicht habe als mit den ganzen Contests, die ich gewonnen habe. Das zweite, worauf ich mir was einbilde ist, dass ich glaube einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass es heute selbstverständlich ist, dass auch in Europa oder generell ausserhalb der USA erstklassig Flatland gefahren wird. Dazu muss man vielleicht erklären, dass das nicht immer so war und es zu den Zeiten, in denen ich angefangen habe einen riesigen Niveauunterschied zwischen Europa und den USA gab. Es hätte damals glaube ich auch niemand für möglich gehalten, dass mal ein Europäer überhaupt nur in die Sphären der Show-Chrome-USA-Profis vordringen könnte, mich eingeschlossen. Zum Glück hat mich Wolfgang Meinunger damals vom Gegenteil überzeugt (in einer konspirativen Sitzung, sonst hätte man uns für grössenwahnsinnig gehalten). Wir haben uns dann einige Jahre gegenseitig sehr gepusht, wovon vor allem ich profitiert habe. Ihm habe ich deswegen sehr viel zu verdanken, was das Fahren angeht.
Ich habe mir sagen lassen das Du deine tricks immer sehr schnell gelernt hast...Was ist da dran?
Das haben immer alle behauptet, und ich habe mich schon damit beschäftigt, ob das stimmt und woran es liegen könnte. Weil ich daran zweifle, dass ich ein Naturtalent für Flatland gewesen bin, führe es vor allem darauf zurück, dass ich mir den Luxus leisten konnte extrem viel Zeit auf dem Rad zu verbringen und dabei immer gern auch mal abstruse und alberne Sachen probiert habe, vor allem mit Thomas Fritscher war das immer ziemlich lustig. Dadurch gab es fast nie einen Trick, bei dem ich bei Null anfangen musste, meistens konnte ich schon was, was ganz ähnlich war. Ausserdem bin ich davon überzeugt, dass das Lernen von Tricks (und allem anderen) vor allem eine Sache ist, die im Kopf entschieden wird. Ich habe mir oft vorgenommen, noch am gleichen Tag einen bestimten neuen Trick zu lernen und dann hartnäckig alles daran gesetzt, das hinzukriegen. Das war schon manchmal ein wenig besessen, aber mit einer halbwegs arroganten Selbsteinschätzung, Konzentration und einen starken Willen ging das dann auch meistens. Wenn man dagegen einen Trick für brutal schwierig hält, dann wird man ihn nie lernen, vor allem wenn man ihn deswegen gar nicht erst probiert. Genauso verkehrt ist es natürlich, wenn man sich zu sehr überschätzt und sich immer an zu schwierigen Tricks versucht, das ist dann wahrscheinlich schnell frustrierend. Aber wenn man was probiert, muss man schon dran glauben, dass es geht.
Warst/bist Du gerne auf reisen?
Ja, allerdings nur, wenn ich genug Zeit und Freiheiten hatte. Am besten haben mir meine beiden USA-Reisen mit Harald Schmid gefallen, da haben wir uns einfach für 5 Wochen ein Auto gemietet und sind ohne irgendeinen Plan losgefahren. Das fand ich lustig, aber sowas kann ich nur geniessen, wenn es eine Abwechslung ist, permanent ohne festen Wohnsitz unterwegs zu sein, wäre glaube ich nix für mich, dazu bin ich dann doch zusehr von meiner gutbürgerlichen Herkunft geprägt. Wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt hier und dort sein muss oder will empfinde ich mittlerweile Reisen auch eher als stressig.
Erzähle mal was über deine KHE Zeiten ?
Das ist ungefähr die ganze Zeit, in der ich BMX gefahren bin, eine Zeitlang haben einige Engländer sogar in ihre Magazine geschrieben, es wäre meine Firma. Tatsächlich ist der einzige wahre Chef natürlich der TG, einer der vier BMX-Freestyler, die in Karlsruhe nach der E.T.-Zeit übriggeblieben sind, und schon deshalb waren er, Christian Wendland und ich seit 1984 eigentlich fast immer gemeinsam unterwegs. Irgendwann so um 1989 hat er eine Lehre als Feinmechaniker gemacht und angefangen Pegs zu drehen und zu verkaufen und schliesslich mit seinem Bruder KHE gegründet. Ich habe natürlich von Anfang an alles mitgekriegt und war sein erster Teamfahrer, und wir haben bereits einen Rahmen zusammen gemacht, als das noch nicht so selbstverständlich war wie heute. Chrisi und ich haben immer viel mit ihm diskutiert, weil natürlich jeder seine eigenen Vorstellungen hat, und der TG besonders. Aber letztlich war KHE immer sein Ding, und weil ich das akzeptiert habe, sind wir auch trotz Meinungsverschiedenheiten immer gut ausgekommen. Letzlich freut es mich, dass er mit seinem Bruder unbeirrt was auf die Beine gestellt hat was ihm wahrscheinlich niemand zugetraut hat.
Mittlerweile haben so gut wie alle Flatlandrahmen geknickte rohre und wiegen unter 2-Kg ect..
wie findest du das?
Als Rückenkrüppel bin ich davon überzeugt, dass leichtere Räder auf jeden Fall was Positives sind. Ob das gleich 1.57 kg sein müssen, weiss ich nicht, aber wenn es hält ich halte es bloss für Zeitverschwendung, wenn man mehr am Rad rumschrauben muss als damit zu fahren weil es vor lauter Gewichtsparen daurend kaputtgeht. Abgesehen davon kann es sich ja auch nicht jeder leisten, alle 4 Monate einen neuen Rahmen zu kaufen. Ansonsten war ich immer davon überzeugt, dass die ganzen Modifikationen und minimalen Unterschiede zwischen den Rädern überbewertet wurden und man sich keinen Gefallen tut, wenn man sich dauernd an ein anderes Rad gewöhnen muss. Wenn man sich daran gewöhnt, kann man mit fast jedem 20 Zoll Rad gut Flatland fahren. Das einzige Teil, bei dem ich jemals das Gefühl hatte, dass es mich ernsthaft beim Fahren behindert hat, waren all die nicht richtig funktionierenden Freecoaster-Naben, die ich in 13 Jahren ausprobiert habe. Würde mich interessieren, ob dafür mittlerweile eine wirklich gute Lösung gefunden wurde.
Heute kann mann richtig viel Geld als BMX Pro verdienen hätte dich das damals gereitzt und hättest dann noch mehr Trainiert oder waren deine BMX Zeiten immer nur just for fun?
Es wäre unehrlich zu behaupten, Geld hätte mich nicht interessiert. Dass man mit Flatlandfahren nicht reich werden kann, war mir immer klar, und ich denke auch heute sollte man lieber was anderes machen, wenn man Geld, Ruhm und Frauen sein Eigen nennen will. Aber soviel verdienen, dass man von dem Leben kann, was man am liebsten und sowieso den ganzen Tag macht hätte mir schon gefallen. Mehr trainiert hätte ich nicht, aber vielleicht mit weniger Spass, also bin ich gar nicht so unglücklich, dass es damals nicht zu Debatte stand. Ich habe ja Ende der 90er auch versucht, vom Fahren zu leben, aber eben mehr von Shows etc. Ich habe es damals aber eher als nervig empfunden, vor allem mit Sponsoren, die nichts mit BMX zu tun hatten hatte ich kein Glück. Ein bischen skeptisch, ob es gut wäre von Contest-Preisgeldern leben zu können war ich aber auch damals schon, weil ich schon die Erfahrung gemacht hatte, dass leicht Streit entsteht, wenn Geld im Spiel ist. Das scheint ja jetzt auch eines der Probleme zu sein, weswegen die Pros nicht mehr mal eben so sagen können: was solls, wenn sie ungerecht bewertet wurden. Vielleicht ist es ja eine gute Idee, wenn man das Geld ein bischen breiter verteilt, damit es auf eine Platzierung nicht ganz so ankommt, wie es jetzt ja irgendwo mal passiert ist.
Wie verdienst Du deinen Lebensunterhalt heute?
Ich entwickle kleine Progrämmchen mit physikalischen Modellen. Ich habe ja Physik studiert. Das läuft erstaunlicherweise besser als ich wollte, deshalb habe ich jetzt ziemlich viel um die Ohren.
Wenn du noch einmal von Vorne anfangen könntest, was würdest du anders machen?
Ich würde öfter nein sagen. Ich habmich hin und wieder zu Dingen überreden lassen, die ich von Anfang an nicht richtig gut fand und dann ist es natürlich auch ziemlich Scheisse geworden. Das würde ich mir sparen. Ansonsten glaube ich nicht, dass es viel bringt mich damit zu beschäftigen, was wie gewesen wäre, wenn das und das passiert wäre. Im grossen ganzen bin ich glücklich mit dem was mir BMX gegeben hat.
Wie hat sich Deiner Meinung nach die BMX Szene in den Jahren entwickelt?
Die Veranstaltungen sind sicher professioneller geworden. Bei den Fahrern bin ich mir da nicht so sicher, was ich aber auch nicht unbedingt für erstrebenswert halte. Im Gegenteil glaube ich, dass es was sehr positives ist, dass sich in der Einstellung der meisten Fahrer nicht so viel geändert hat, soweit ich das halt beurteilen kann. Naja, eine Style-Polizei hat es nicht gegeben als ich angefangen habe, sonst wäre ich sicher durchs Raster gefallen und mit mangelhaft zum Fussball geschickt worden. Aber wenn heute jeder so individuell wie alle anderen sein will, muss das wohl so sein, so verschieden war das früher auch nicht.
Schade finde ich, dass sich Flatland stärker vom restlichen Freestyle wegentwickelt hat. Ich kann zwar verstehen, wenn es viele Flatlander nervt, wenn sie sich unterbewertet und nicht gut genug behandelt fühlen. Auf der anderen Seite gehört es zu den Dingen, die man nicht ändern kann: Saltos und Luftsprünge sind halt für die meisten Zuschauer spektakulerer als Flatland. Dass Flatland finanziell und publicity-mässig schlechter gestellt ist, ist die logische Folge davon. Wenn man das nicht akzeptieren will, hat man eine Fehlentscheidung getroffen, wenn man überhaupt anfängt Flatland zu fahren. Man muss seine Zufriedenheit durch die Anerkennung unter denen finden, die Flatland interessiert, das sind aber meiner Meinung nach immer noch genug, auch unter den anderen BMXern.
Und nicht zuletzt hat es auch jeder selbst in der Hand, Flatland gut zu verkaufen, ich habe bei Contests oft den Eindruck gehabt, dass es vielen Flatlandern wichtiger war, besonders cool, gelangweilt und böse zu wirken, wenn sie gezwungen wurden, wieder mal widerwillig ihre Geheimtricks vorzuzeigen, als etwas dafür zu tun, auch mal Zuschauer die nicht selbst fahren für Flatland zu begeistern. Das ist eine Masche, mit der man eben nicht so wahnsinnig viele Menschen begeistern kann, und letztlich fand ich es auch bei niemandem glaubhaft. Jeder der ein gewisses Niveau beim Flatland erreicht hat, weiss, dass das nicht immer nur fun und easy ist. Und letztlich will man für das, was man kann, respektiert werden und will seine Vorstellung von Flatlandfahren auf die ein oder andere Art präsentieren. Wie man sich dann präsentiert, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich bin immer gut damit gefahren, dass ich versucht habe meine Begeisterung für Flatland zu zeigen und auch dazu zu stehen, dass es mir Spass gemacht hat, wenn es dem Publikum, wer auch immer das gewesen ist, gefallen hat. Mir ist da nie ein Zacken aus der Krone gebrochen, ich hab mir ja auch keine aufgesetzt.
Welches ist Dein aktuelles Bike ?
Ein blaues KHE-Flatland-Rad aus Alu, weiss nicht wie es heisst, und es ist auch schon 3 oder 4 Jahre alt. Genaugenommen ist es ein bischen klein für mich, aber für 3 mal Ausrollen im Sommer reicht es. Falls es tatsächlich jemand genauer wissen will muss er den TG fragen.
Möchtest du irgend jemandem danken oder etwas sagen?
Gesagt bzw. geschrieben habe ich genug, danken möchte ich allen, denen ich wegen BMX begegnet bin, vor allem der Roll-Posse, Amadeus hatte ich ja schon, TG und sein Bruder und natürlich allen, bei denen ich übernachten oder mitfahren durfte. Da wäre sicher Jim Delavalle aus East-Stroudsburgh erwähnenswert, den haben wir mit Abstand am längsten heimgesucht.
http://www.borntobmx.de/
ALBERT RETEY
Dich sollten ja eigentlich viele noch kennen, aber stell
Dich mal eben kurz vor...
Kennen dürften mich ja nur die, die vor 1997 oder so schon Flatland gefahren sind. Gibts da noch welche? Naja, wie auch immer, ich heisse Albert Retey, bin jetzt (August 2006) fast 36 Jahre alt und habe von ca. 1984 bis 1997 ungefähr jeden Tag auf meinem BMX-Rad verbracht. Danach nicht mehr so. Jetzt lebe ich mit meiner Frau und 2 Kindern in Innsbruck, das ist eine selbsternannte Weltstadt in Österreich und nicht wirklich eine BMX-Hochburg, glaube ich.
Wie und wann hast Du mit BMX angefangen ?
Das war so 1983 oder ein Jahr später, die Zeit nach dem ET-Film, als alle in meinem Alter ein BMX hatten, nur ich nicht, und den ET-Film habe ich auch nicht gesehen. Ich habe meine Eltern ziemlich lange bearbeiten und etwas Geld sparen müssen, weil sie alles andere als begeistert davon waren, aber irgendwann habe ich dann ein BMX-2000 gekauft, für unglaubliche 250 DM. Als ich dann endlich mein Rad hatte, wollten alle anderen schon wieder lieber Breakdance machen, mit weissen Handschuhen und so, das war damals genauso albern wie BMX mit bunten Nylonanzügen. Da musste ich also irgendwas mit meinem neuen Rad machen und habe eben angefangen Tricks zu üben, die ich aus dem damals in Deutschland aktuellen BMX-Speed-Magazin abgeguckt habe.
Fährst Du heute noch Flatland?
Ich glaube 2-3 mal im Jahr ein bischen Rumrollen zählt nicht wirklich. Ich würde also eher sagen nein.
Wo kommt deine Motivation her, noch ab und an zu Fahren?
Da ich nicht mehr fahre, kann ich die Frage nicht beantworten :-). Die ca. 13 Jahre, die ich jeden Tag gefahren bin hatte ich verschiedene Motivationen. Am Anfang war es mir schon wichtig, gut zu werden, ohne dass ich auch nur daran gedacht hätte, jemals einen Wettbewerb gewinnen zu können oder sowas. Später stand für mich hauptsächlich im Vordergrund, immer wieder etwas neues zu lernen. Das hat mir am meisten Zufriedenheit verschafft und dass ich dann aus verschiedenen Gründen nicht mehr genug gefahren bin, um weiterhin Fortschritte zu machen, ist vielleicht auch der Grund, warum ich heute nur noch so selten fahre.
Beschreib mal deinen eigenden Fahrstil
(heute&früher)...
Meinen Heutigen? Kraftlos und wackelig. Da mir immer alles gefallen hat, was irgendwie was mit Schwung zu tun hat, habe ich auch versucht, so zu fahren. Ausserdem habe ich es immer als Beschränkung empfunden, mich irgenderwas zu sehr zu spezialisieren, also nur eigene Tricks zu machen, oder nur nagelneue Tricks oder was auch immer. Ich hätte sicher auch nicht so viel Freude am BMX-Fahren gehabt, wenn ich zwischendurch nicht immer mal wieder Street, Halfpipe oder sonst was gefahren wäre. Ich habe immer versucht, alles an Tricks zu lernen, was ich gesehen oder mir überlegt habe, einfach weil es mir so viel Freude gemacht hat, neue Tricks das erstemal zu schaffen. Ansonsten hatte für mich Freestyle auch immer ein bischen die Bedeutung wie in der Musik das Improvisieren, d.h. ich fand es interessanter, Kombinationen mehr oder weniger stark zu variieren anstatt eine Variation vollständig zu perfektionieren.
Besonders original war ich nicht, ein paar eigene Tricks hatte ich mir zwar schon überlegt, aber es waren nur wenige dabei, die mir gut genug gefallen haben, um sie sicher zu lernen. Ich weiss nicht wie es heute ist, aber mich hat die Originalitätsdebatte oft ziemlich genervt und ich hätte mir bei vielen Fahrern gewünscht, wenn sie etwas weniger original gewesen wären und dafür mehr Freude am Fahren gehabt hätten. Für mich war es immer hauptsächlich eine Form des Respekts, wenn ich einen Trick von jemand anderem gelernt habe, weniger ein Diebstahl, denn wie kann man überzeugender bekunden, dass einem ein Trick gefällt, als wenn man ihn selbst macht? Insofern war ich auch eher enttäuscht, dass nie jemand meine Tricks kopiert hat, obwohl mir ein paar davon dann doch ganz gut gefallen haben. Natürlich gehört dazu, dass man das Ding nicht als sein eigenes verkauft, ein bischen was eigenes daraus macht und einen Fahrer nicht samt Aufkleber, Tattoo und Frisur kopiert, aber das ist doch sowieso offensichtlich affig.
Wieso hast du nach so vielen Jahren so gut wie aufgehört mit dem Fahren? Hast Du alle deine Ziele erreicht?
Schwierige Frage, das mit den Zielen war es sicher nicht, dazu hätte ich ja welche haben müssen. Ich habe es einfach so empfunden, dass ein Lebensabschnitt, vielleicht der interessanteste und mich am stärksten prägende, vorbei war. Ursachen dafür gab es mehrere, ich hatte das Gefühl zu stagnieren, keine wesentlichen Fortschritte mehr zu machen. Dann hatte ich phasenweise ziemliche Probleme mit meinem Rücken, so dass das Fahren dann auch nicht immer die pure Freude war. Und schliesslich fand ich auch irgendwie belastend, dass der kommerzielle Aspekt am Fahren in den letzen Jahren, in denen ich gefahren bin, immer mehr Zeit und Energie in Anspruch genommen hat. Ich wollte mich deswegen nicht mit irgendjemandem streiten. Dann sind nach und nach andere Dinge in meinem Leben immer wichtiger geworden.
Interessiert dich heute noch Flatland?
Eigentlich schon, aber mit den Jahren verliert man natürlich immer mehr den Kontakt, und die Diskussionen, die im letzten Jahr so aufgeflammt sind, haben mich eigentlich auch nicht so arg motiviert, mich damit allzusehr auseinanderzusetzen. Aber hin und wieder mal die aktuellen Tricks anschauen und zu sehen wie sich alles weiterentwickelt interessiert mich natürlich schon. Ich hoffe, dass ich es auch mal wieder schaffe, zum Zuschauen zu einem Contest zu kommen...
Für dich muß es ja schon schwer sein, heute einen Fahrer zu bewundern...Aber gibt es da vieleicht doch jemanden?
Kevin Jones und Chase Gouin habe ich früher sicher bewundert, heute einen 10 Jahre Jüngeren Fahrer zu bewundern wäre irgendwie seltsam. Mittlerweile halte ich auch nicht mehr viel davon, einen Fahrer zu bewundern. Das hat vor allem damit zu tun, dass ich glaube, dass man niemandem einen Gefallen tut, wenn man ihn bewundert oder gar vergöttert. Auf der anderen Seite ist es ja auch nicht immer so, dass jemand der gut fährt, auch als Person bewundernswert ist. Was das Fahren angeht, bin ich sehr beeindruckt von den Fortschritten, die Flatland gemacht hat, seit ich aufgehört habe. Vor allem weil das Niveau auch in der Breite so hoch ist. Schon allein die ganzen Japaner, deren Namen ich nicht kenne sind der Hammer. Mir gefällt auch die Art wie gefahren wird sehr gut, das war früher nicht immer so. Ich finde, wenn Tricks nur original oder nur schwierig sind, reicht das nicht, es muss schon auch nach was aussehen und darf nicht langweilen. Es fällt mir schwer einen Fahrer zu nennen, den ich besonders hervorheben sollte, aber wenn, dann wäre es nach meinem Stand von vor ca. 2 Jahren schon Martti Kuoppa, bei dem ich den Eindruck habe, dass er am vielseitigsten ist und die Limits am meisten ausgeforscht hat. Bei ihm bin ich mir aber besonders unsicher, ob ich ihn als Person auch bewunderswert finden soll. Um das beurteilen zu können, kenne ich ihn aber einfach nicht gut genug.
Was war es für ein gefühl als du einer der besten Flatlander überhaupt (Chase Gouin) auf der WM 93 besiegt hast?
Kein Besonderes, ich habe mich gefreut, dass ich gut gefahren bin, und natürlich war es auch was besonderes, eine WM zu gewinnen, die vom Niveau her auch den Namen verdient hatte. Ich habe es aber nie so empfunden, dass ich bei Contests irgendjemanden besiege. Ich bin an dem Tag halt gut gefahren, der Jury hat mein Lauf besser gefallen, als das, was Chase an dem Tag hingekriegt hat und ich denke das konnte man auch so sehen. Das wars. Für mich hat das auch nichts daran geändert, dass Chase nach Kevin Jones der Fahrer war, dessen Fahrerei mich am meisten begeistert und der mich deshalb auch am meisten beeinflusst hat. Ich war bei dieser WM eigentlich die ganze Zeit nicht besonders gut drauf weil ich den Boden nicht mochte und es mich genervt hat, dass man die europäischen Teilnehmer von Veranstalterseite zweitklassig behandelt hat, wir mussten z.B. mal 2 Stunden im Regen vor der Halle warten, weil die amerikanischen Profis ein Geheimtraining absolvieren sollten. Deswegen wundere ich mich bis heute, dass mir ausgerechnet dort so ein guter Lauf gelungen ist.
Chase Gouin ist ja immer noch aktiv am fahren, was denkst Du eigentlich über diese Art zu leben wie es Chase tut?
Vorneweg möchte ich loswerden, dass ich Chase ganz anders kennengelernt habe, als es seinem Image entspricht. Als ich mit Thomas Fritscher und Christian Wendland in York war, war er superfreundlich, hat sich absolut gutmütig um uns gekümmert und uns alles gezeigt. Er hat sogar Mark Eatons Garage mit uns geteilt, und im nachhinein glaube ich, dass wir den Leuten, die uns bei unseren ersten beiden USA-Aufenthalten aufgenommen haben, schon ein bischen auf die Nerven gegangen sind und das alles deswegen nicht so selbstverständlich war. Ich habe ihn immer so in Erinnerung behalten und weiss bis heute nicht was ich von den ganzen Geschichten um Chase glauben und halten soll. Was ich mir bei ihm, aber auch bei vielen anderen Flatlandern denke ist, dass man sicher glücklicher wird, wenn man Flatland (oder was auch immer) nicht zu wichtig nimmt. Man muss einfach lernen zu akzeptieren, dass das, was für einen selbst zurecht richtig und wichtig ist, für jemand anderen völlig beknackt und bedeutungslos sein kann ohne an sich und dem was man tut zu zweifeln. Er ist für mich auch ein Beispiel für jemanden, der wahrscheinlich mehr davon gehabt hätte, wenn er weniger Fans gehabt hätte, die ihn bewundern und nachäffen, und mehr Freunde, die weniger von ihm erwarten und ihm dafür auch mal was gesagt hätten, wenn er Scheisse gebaut hatte. Ich hoffe es geht im heute gut.
Was waren Deine größten Erfolge bis jetzt?
Bei den wenigen Contests, bei denen ich in den letzten Jahren gewesen bin, haben darüber gestaunt, wieviele Fahrer zu mir gekommen sind und erzählt haben, dass sie mich irgendwo gesehen haben und dann angefangen haben zu fahren, oder richtig zu trainieren oder ähnliches. Das hat mir natürlich geschmeichelt und ich bin darauf ziemlich stolz. Seither halte ich es als meinen grössten Erfolg, wenn es mir tatsächlich gelungen ist, Leute so von Flatland zu begeistern, dass sie das selbst lernen wollten. Wenn man es so sieht, heisst das auch, dass ich vielleicht mit den vielen Shows die ich gefahren bin mehr erreicht habe als mit den ganzen Contests, die ich gewonnen habe. Das zweite, worauf ich mir was einbilde ist, dass ich glaube einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass es heute selbstverständlich ist, dass auch in Europa oder generell ausserhalb der USA erstklassig Flatland gefahren wird. Dazu muss man vielleicht erklären, dass das nicht immer so war und es zu den Zeiten, in denen ich angefangen habe einen riesigen Niveauunterschied zwischen Europa und den USA gab. Es hätte damals glaube ich auch niemand für möglich gehalten, dass mal ein Europäer überhaupt nur in die Sphären der Show-Chrome-USA-Profis vordringen könnte, mich eingeschlossen. Zum Glück hat mich Wolfgang Meinunger damals vom Gegenteil überzeugt (in einer konspirativen Sitzung, sonst hätte man uns für grössenwahnsinnig gehalten). Wir haben uns dann einige Jahre gegenseitig sehr gepusht, wovon vor allem ich profitiert habe. Ihm habe ich deswegen sehr viel zu verdanken, was das Fahren angeht.
Ich habe mir sagen lassen das Du deine tricks immer sehr schnell gelernt hast...Was ist da dran?
Das haben immer alle behauptet, und ich habe mich schon damit beschäftigt, ob das stimmt und woran es liegen könnte. Weil ich daran zweifle, dass ich ein Naturtalent für Flatland gewesen bin, führe es vor allem darauf zurück, dass ich mir den Luxus leisten konnte extrem viel Zeit auf dem Rad zu verbringen und dabei immer gern auch mal abstruse und alberne Sachen probiert habe, vor allem mit Thomas Fritscher war das immer ziemlich lustig. Dadurch gab es fast nie einen Trick, bei dem ich bei Null anfangen musste, meistens konnte ich schon was, was ganz ähnlich war. Ausserdem bin ich davon überzeugt, dass das Lernen von Tricks (und allem anderen) vor allem eine Sache ist, die im Kopf entschieden wird. Ich habe mir oft vorgenommen, noch am gleichen Tag einen bestimten neuen Trick zu lernen und dann hartnäckig alles daran gesetzt, das hinzukriegen. Das war schon manchmal ein wenig besessen, aber mit einer halbwegs arroganten Selbsteinschätzung, Konzentration und einen starken Willen ging das dann auch meistens. Wenn man dagegen einen Trick für brutal schwierig hält, dann wird man ihn nie lernen, vor allem wenn man ihn deswegen gar nicht erst probiert. Genauso verkehrt ist es natürlich, wenn man sich zu sehr überschätzt und sich immer an zu schwierigen Tricks versucht, das ist dann wahrscheinlich schnell frustrierend. Aber wenn man was probiert, muss man schon dran glauben, dass es geht.
Warst/bist Du gerne auf reisen?
Ja, allerdings nur, wenn ich genug Zeit und Freiheiten hatte. Am besten haben mir meine beiden USA-Reisen mit Harald Schmid gefallen, da haben wir uns einfach für 5 Wochen ein Auto gemietet und sind ohne irgendeinen Plan losgefahren. Das fand ich lustig, aber sowas kann ich nur geniessen, wenn es eine Abwechslung ist, permanent ohne festen Wohnsitz unterwegs zu sein, wäre glaube ich nix für mich, dazu bin ich dann doch zusehr von meiner gutbürgerlichen Herkunft geprägt. Wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt hier und dort sein muss oder will empfinde ich mittlerweile Reisen auch eher als stressig.
Erzähle mal was über deine KHE Zeiten ?
Das ist ungefähr die ganze Zeit, in der ich BMX gefahren bin, eine Zeitlang haben einige Engländer sogar in ihre Magazine geschrieben, es wäre meine Firma. Tatsächlich ist der einzige wahre Chef natürlich der TG, einer der vier BMX-Freestyler, die in Karlsruhe nach der E.T.-Zeit übriggeblieben sind, und schon deshalb waren er, Christian Wendland und ich seit 1984 eigentlich fast immer gemeinsam unterwegs. Irgendwann so um 1989 hat er eine Lehre als Feinmechaniker gemacht und angefangen Pegs zu drehen und zu verkaufen und schliesslich mit seinem Bruder KHE gegründet. Ich habe natürlich von Anfang an alles mitgekriegt und war sein erster Teamfahrer, und wir haben bereits einen Rahmen zusammen gemacht, als das noch nicht so selbstverständlich war wie heute. Chrisi und ich haben immer viel mit ihm diskutiert, weil natürlich jeder seine eigenen Vorstellungen hat, und der TG besonders. Aber letztlich war KHE immer sein Ding, und weil ich das akzeptiert habe, sind wir auch trotz Meinungsverschiedenheiten immer gut ausgekommen. Letzlich freut es mich, dass er mit seinem Bruder unbeirrt was auf die Beine gestellt hat was ihm wahrscheinlich niemand zugetraut hat.
Mittlerweile haben so gut wie alle Flatlandrahmen geknickte rohre und wiegen unter 2-Kg ect..
wie findest du das?
Als Rückenkrüppel bin ich davon überzeugt, dass leichtere Räder auf jeden Fall was Positives sind. Ob das gleich 1.57 kg sein müssen, weiss ich nicht, aber wenn es hält ich halte es bloss für Zeitverschwendung, wenn man mehr am Rad rumschrauben muss als damit zu fahren weil es vor lauter Gewichtsparen daurend kaputtgeht. Abgesehen davon kann es sich ja auch nicht jeder leisten, alle 4 Monate einen neuen Rahmen zu kaufen. Ansonsten war ich immer davon überzeugt, dass die ganzen Modifikationen und minimalen Unterschiede zwischen den Rädern überbewertet wurden und man sich keinen Gefallen tut, wenn man sich dauernd an ein anderes Rad gewöhnen muss. Wenn man sich daran gewöhnt, kann man mit fast jedem 20 Zoll Rad gut Flatland fahren. Das einzige Teil, bei dem ich jemals das Gefühl hatte, dass es mich ernsthaft beim Fahren behindert hat, waren all die nicht richtig funktionierenden Freecoaster-Naben, die ich in 13 Jahren ausprobiert habe. Würde mich interessieren, ob dafür mittlerweile eine wirklich gute Lösung gefunden wurde.
Heute kann mann richtig viel Geld als BMX Pro verdienen hätte dich das damals gereitzt und hättest dann noch mehr Trainiert oder waren deine BMX Zeiten immer nur just for fun?
Es wäre unehrlich zu behaupten, Geld hätte mich nicht interessiert. Dass man mit Flatlandfahren nicht reich werden kann, war mir immer klar, und ich denke auch heute sollte man lieber was anderes machen, wenn man Geld, Ruhm und Frauen sein Eigen nennen will. Aber soviel verdienen, dass man von dem Leben kann, was man am liebsten und sowieso den ganzen Tag macht hätte mir schon gefallen. Mehr trainiert hätte ich nicht, aber vielleicht mit weniger Spass, also bin ich gar nicht so unglücklich, dass es damals nicht zu Debatte stand. Ich habe ja Ende der 90er auch versucht, vom Fahren zu leben, aber eben mehr von Shows etc. Ich habe es damals aber eher als nervig empfunden, vor allem mit Sponsoren, die nichts mit BMX zu tun hatten hatte ich kein Glück. Ein bischen skeptisch, ob es gut wäre von Contest-Preisgeldern leben zu können war ich aber auch damals schon, weil ich schon die Erfahrung gemacht hatte, dass leicht Streit entsteht, wenn Geld im Spiel ist. Das scheint ja jetzt auch eines der Probleme zu sein, weswegen die Pros nicht mehr mal eben so sagen können: was solls, wenn sie ungerecht bewertet wurden. Vielleicht ist es ja eine gute Idee, wenn man das Geld ein bischen breiter verteilt, damit es auf eine Platzierung nicht ganz so ankommt, wie es jetzt ja irgendwo mal passiert ist.
Wie verdienst Du deinen Lebensunterhalt heute?
Ich entwickle kleine Progrämmchen mit physikalischen Modellen. Ich habe ja Physik studiert. Das läuft erstaunlicherweise besser als ich wollte, deshalb habe ich jetzt ziemlich viel um die Ohren.
Wenn du noch einmal von Vorne anfangen könntest, was würdest du anders machen?
Ich würde öfter nein sagen. Ich habmich hin und wieder zu Dingen überreden lassen, die ich von Anfang an nicht richtig gut fand und dann ist es natürlich auch ziemlich Scheisse geworden. Das würde ich mir sparen. Ansonsten glaube ich nicht, dass es viel bringt mich damit zu beschäftigen, was wie gewesen wäre, wenn das und das passiert wäre. Im grossen ganzen bin ich glücklich mit dem was mir BMX gegeben hat.
Wie hat sich Deiner Meinung nach die BMX Szene in den Jahren entwickelt?
Die Veranstaltungen sind sicher professioneller geworden. Bei den Fahrern bin ich mir da nicht so sicher, was ich aber auch nicht unbedingt für erstrebenswert halte. Im Gegenteil glaube ich, dass es was sehr positives ist, dass sich in der Einstellung der meisten Fahrer nicht so viel geändert hat, soweit ich das halt beurteilen kann. Naja, eine Style-Polizei hat es nicht gegeben als ich angefangen habe, sonst wäre ich sicher durchs Raster gefallen und mit mangelhaft zum Fussball geschickt worden. Aber wenn heute jeder so individuell wie alle anderen sein will, muss das wohl so sein, so verschieden war das früher auch nicht.
Schade finde ich, dass sich Flatland stärker vom restlichen Freestyle wegentwickelt hat. Ich kann zwar verstehen, wenn es viele Flatlander nervt, wenn sie sich unterbewertet und nicht gut genug behandelt fühlen. Auf der anderen Seite gehört es zu den Dingen, die man nicht ändern kann: Saltos und Luftsprünge sind halt für die meisten Zuschauer spektakulerer als Flatland. Dass Flatland finanziell und publicity-mässig schlechter gestellt ist, ist die logische Folge davon. Wenn man das nicht akzeptieren will, hat man eine Fehlentscheidung getroffen, wenn man überhaupt anfängt Flatland zu fahren. Man muss seine Zufriedenheit durch die Anerkennung unter denen finden, die Flatland interessiert, das sind aber meiner Meinung nach immer noch genug, auch unter den anderen BMXern.
Und nicht zuletzt hat es auch jeder selbst in der Hand, Flatland gut zu verkaufen, ich habe bei Contests oft den Eindruck gehabt, dass es vielen Flatlandern wichtiger war, besonders cool, gelangweilt und böse zu wirken, wenn sie gezwungen wurden, wieder mal widerwillig ihre Geheimtricks vorzuzeigen, als etwas dafür zu tun, auch mal Zuschauer die nicht selbst fahren für Flatland zu begeistern. Das ist eine Masche, mit der man eben nicht so wahnsinnig viele Menschen begeistern kann, und letztlich fand ich es auch bei niemandem glaubhaft. Jeder der ein gewisses Niveau beim Flatland erreicht hat, weiss, dass das nicht immer nur fun und easy ist. Und letztlich will man für das, was man kann, respektiert werden und will seine Vorstellung von Flatlandfahren auf die ein oder andere Art präsentieren. Wie man sich dann präsentiert, muss natürlich jeder selbst entscheiden. Ich bin immer gut damit gefahren, dass ich versucht habe meine Begeisterung für Flatland zu zeigen und auch dazu zu stehen, dass es mir Spass gemacht hat, wenn es dem Publikum, wer auch immer das gewesen ist, gefallen hat. Mir ist da nie ein Zacken aus der Krone gebrochen, ich hab mir ja auch keine aufgesetzt.
Welches ist Dein aktuelles Bike ?
Ein blaues KHE-Flatland-Rad aus Alu, weiss nicht wie es heisst, und es ist auch schon 3 oder 4 Jahre alt. Genaugenommen ist es ein bischen klein für mich, aber für 3 mal Ausrollen im Sommer reicht es. Falls es tatsächlich jemand genauer wissen will muss er den TG fragen.
Möchtest du irgend jemandem danken oder etwas sagen?
Gesagt bzw. geschrieben habe ich genug, danken möchte ich allen, denen ich wegen BMX begegnet bin, vor allem der Roll-Posse, Amadeus hatte ich ja schon, TG und sein Bruder und natürlich allen, bei denen ich übernachten oder mitfahren durfte. Da wäre sicher Jim Delavalle aus East-Stroudsburgh erwähnenswert, den haben wir mit Abstand am längsten heimgesucht.